Wie man ein Vorstellungsgepräch übersteht
 
Mit der richtigen Einstellung zur baldigen Anstellung!
 
 
 
 
In weniger komplizierten Zeiten bestanden solche Gespräche nur darin, dass die Befragenden einige der haarsträubenden Behauptungen aus dem Lebenslauf des Bewerbers nachprüften und dann durch weitere Fragen herauszufinden versuchten, ob er oder sie tatsächlich über irgendwelche Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen verfügte, die ihn oder sie für den fraglichen Job qualifiziertten. Doch jetzt leben wir in der Zukunft, und Computer haben die meisten Tätigkeiten so weit erleichtert, dass aus dem schlichten und bescheidenen Bewerbungsgespräch ein sehr eigenartiger und heikler Beliebtheitswettbewerb geworden ist.
 
Heutzutage dürfte der Interviewer eher kryptische, hypothetische, verwirrende und esoterische Fragen stellen, um zu testen, wie gut Sie gegen Büroschwachsinn gewappnet sind. Es geht weniger darum, was Sie antworten, denn das wird unweigerlich irgendwas Albernes sein, sondern um die Probe, wie gut Sie mit dem vorgegebenen Quatschniveau umgehen können. Am besten demonstrieren Sie genau das Selbstbewusstsein, das Arbeitgeber sehen wollen. Wie? Indem Sie das Interview so angehen, als hätten Sie den Job bereits bekommen und wieder verloren und kehrten jetzt nach einem Lottogewinn ins Büro zurück, um schadenfroh zu spotten.
 
Hier eine Liste der wahrscheinlichsten Fragen, die Ihnen in einem Vorstellungsgespräch begegnen werden, und die passenden Antworten darauf:
 
 
 
«Warum wollen Sie diese Stelle?»
 
Mit dieser Frage will der Arbeitgeber offensichtlich ein Rollenspiel einleiten, bei dem zwei Menschen miteinander reden und dabei so tun, als würden sie beide nicht verstehen, was Geld, Essen und Miete bedeuten. Gehen Sie darauf ein und blenden Sie jede Kenntnis über das Wirtschaftssystem aus, in das Sie hineingeboren wurden. Bieten Sie stattdessen eine ausladende und hochtrabende Erklärung, warum Ihre Bewerbung auf die Stelle des Zubereitungs- und Ausgabe-Assistenten bei Schweinske’s Schweinehappen Teil Ihrer Reise zu größerer Selbsterkenntnis ist.
 
 
 
«Was glauben Sie, was ist Ihre größte Schwäche?»
 
 
Hohoho, da muss der Personalchef aber früher aufstehen, wenn er Sie aufs Glatteis führen will, was?
 
Offensichtlich ist in dieser Frage eine andere Frage versteckt, und diese nur dünn verhüllte wahre Frage lautet: «Was ist Ihre größte Stärke, die Sie in Beantwortung dieser Frage notdürftig als Ihre größte Schwäche maskieren dürfen?»
 
Antworten auf diese Frage sollten etwa so klingen: «Ich arbeite zu hart» oder «Manchmal bin ich so aufs Ziel fokussiert, dass ich persönliche Opfer bringe, um es zu erreichen» oder «Ich bin so perfektionistisch, dass ich manchmal gar nicht merke, wie großartig ich schon alles mache. Das ist manchmal etwas demotivierend für meine Kollegen, die zu mir als ihrem Mentor, Freund und Helden aufschauen.» 
 
Leider sind solche Antworten inzwischen so oft verwendet worden, dass sie zu erwartbaren und bekannten Klischees verkommen sind. Den Trick kennt jeder. Auch der Personalchef weiß, dass Sie den Trick kennen, in Wirklichkeit steckt also in der Frage nicht nur eine andere Frage, sondern noch eine dritte Frage, nämlich: «Okay, wir wissen beide, wie es läuft, also, haben Sie Humor?»
 
Hier ein paar Beispiele für geistreiche und witzige Entgegnungen:
 
 
«Was glauben Sie, was ist Ihre größte Schwäche?»
«Vielleicht dass ich Fragen mit Gegenfragen beantworte?»
 
«Was glauben Sie, was ist Ihre größte Schwäche?»
«Sätze. Ich bringe einfach keinen zu–»
 
«Was glauben Sie, was ist Ih–»
«ANDERE UNTERBRECHEN.»
 
 
 
 
«Wenn Sie irgendein(e) Farbe/Eissorte/Pokémon sein könnten, welche(s) Farbe/Eissorte/Pokémon wäre das und warum?»
 
 
Aha, schon wieder. Ganz offensichtlich zielt diese Frage nicht auf Ihre tatsächlichen Vorlieben, denn Sie bewerben sich ja auf eine Stelle und machen keinen Heiratsantrag. Nein, diese Frage zielt auf Ihre Kreativität, auf Ihren Erfindungsgeist, auf Ihre Geistesgegenwart.
 
Tatsächlich präsentiert der Interviewer Ihnen hier sozusagen einen Freifahrtschein zum Themenwechsel – eine Gelegenheit, zu erzählen, was immer Sie möchten. Um diese Gelegenheit konsequent zu nutzen, sollten Sie sich im Voraus mindestens eine beispielhafte Anekdote zurechtlegen, in der sich Ihre unglaubliche Verwendungsfähigkeit ausdrückt, und diese dann unangestrengt in Ihre Antwort einflechten. Zum Beispiel so:
 
 
«Wenn Sie irgendeine Eissorte sein könnten, welche Eissorte wäre das und warum?»
 
«Tolle Frage! Da muss ich wohl Schokolade sagen. Einmal habe ich an einem Wochenendseminar zum TeamBuilding teilgenommen, und mein Team musste einen Hindernisparcours überwinden. Gleich zu Beginn ist Annett aus der Logistik gestürzt und hat sich das Sprunggelenk verstaucht, doch durch Voraussicht und Initiative habe ich einen Stock als Stütze für sie gefunden, und unter Einsatz von Motivationsfähigkeit und Führungsqualitäten habe ich sie so lange angeschrien, bis sie ins Ziel gehumpelt ist. Trotz ihres Heulens und Jammerns nach einem Rettungswagen habe ich große Beharrlichkeit und zielorientierte Leitung bewiesen. Dafür habe ich vom Freizeitpark «Monkey World» den Ehrentitel Baumschwinger des Tages verliehen bekommen. Und darum ist mein liebster Pokémon Glurak.»
 
 
Super gemacht. Sie sind ein Naturtalent.
 
 
 
«Haben sie noch irgendwelche Fragen?»
 
Hier gibt Ihnen Ihr Gegenüber Gelegenheit, Interesse an dem Unternehmen zu zeigen oder zumindest zu heucheln. Um daraus Nutzen zu ziehen, sollten Sie sich im Voraus ein paar kluge Fragen ausdenken, beispielsweise zu der Ausbildungspolitik des Unternehmens oder nach den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Eine solche Vorbereitung verhindert hoffentlich, dass Sie in plötzlicher Panik einen Hirnfurz wie den folgenden Satz fahren lassen: «WIE VIELE MENSCHEN IN DIESEM BÜRO HABEN KNIEPROBLEME?»
 
Wenn Sie nun also Ihre Befrager befragen, kommt es darauf an, den goldenen Mittelweg zwischen Neugierde und Übereifer zu finden. Aus offensichtlichen Gründen ist es nicht angeraten, überhaupt keine Fragen zu stellen, weil das auf ein erkennbares Desinteresse am fraglichen Unternehmen schließen ließe. Zu viele Fragen können allerdings ebenso unangenehm sein, besonders, wenn sie das Vorstellungsgespräch bis ins Wochenende hinein verlängern und aus allgemeinen Grübeleien bestehen wie «Was ist Liebe?» oder «Wenn man eine Ente püriert, ergibt das mehr oder weniger als einen halben Liter Flüssigkeit?»
 
Wenn Sie einfach nichts wissen wollen und Ihnen auch keine gute Frage einfällt, erkundigen Sie sich einfach, wann die Firma plant, Sie durch einen Roboter zu ersetzen, und ob Sie danach womöglich als «Roboterputzkraft» weiterbeschäftigt werden können.

 

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Bei Lichte betrachtet ist es vielleicht keine gute Idee, erwachsen zu werden. Plötzlich sitzt täglich irgendein Langweiler neben Ihnen im Büro, wachsen Rechnungsstapel und Spülberge mit gleicher Geschwindigkeit, und der Riesenkater lässt sich nur durch einen Rettungswhisky abwehren. Doch leider können Sie nicht im Schnelldurchlauf zum Rentnerdasein vorspulen. Paul Hawkins erklärt Ihnen deshalb die besten Tricks, um die großen Anforderungen im Leben eines Erwachsenen zu bewältigen – oder gekonnt zu unterlaufen. Seine Tipps für die etwas anderen Helden des Alltags sind schräg, liebevoll, absurd – und das beste Mittel, um mit seinem inneren Schweinehund Freundschaft zu schließen.

 

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„Tiefschürfend, smart und wahnsinnig lustig!“ 
Adam Fletcher, Autor von Wie man Deutscher wird